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Paul Lachawietz (1914-1992)

Kindheit in Wüstendorf bei Breslau

Paul Lachawietz wird am 16. März 1914 in Wüstendorf (bei Breslau) geboren. Hier verbringt er seine Kindheit auf dem elterlichen Bauernhof,  zusammen mit seinem Vater Albert, seiner Mutter Hedwig und seinen drei Brüdern, Josef, Franz und Alfons. Mit sechs Jahren besucht er die Volksschule in Wüstendorf und ab Ostern 1924 das staatliche humanistische St. Matthias-Gymnasium in Breslau. Hier legt er im März 1933 die Prüfungen für das Abitur ab.

Zum Priester geweiht

Anschließend entscheidet sich Paul Lachawietz, an der Friedrich Wilhelm Universität in Breslau ein Theologie- und Philosophie-Studium zu beginnen. Nach acht Semestern tritt er für eineinhalb Jahre in das Priesterseminar der Erzdiözese Breslau ein, zur Vorbereitung auf seine Priesterweihe. Der 7. August 1938 ist ein sehr bedeutender Tag im Leben von Paul Lachawietz. An diesem Sonntag wird er von Kardinal Adolf Bertram in Breslau zum Priester geweiht. Drei Monate später wird er als Personalkaplan in Zieten-Hennersdorf bei Lauban (Bezirk Görlitz) eingesetzt. Bereits im April 1939 wird er nach Neusalz an der Oder (heute Nowa Sól) versetzt, arbeitet von nun an als Stadt-Kaplan und übernimmt zusätzlich die Pastoration des Kreiskrankenhauses.

Verhaftung

Am Dienstag den 8. April 1941 soll sich das Leben von Paul Lachawietz vollkommen verändern. Am Vormittag kommt ein Beamter der Liegnitzer Gestapo auf den Pfarrhof in Neusalz und nimmt den jungen Pfarrer mit auf die Polizeiwache.

Seine Verhaftung wurde von einem fanatischen Parteianhänger der NSDAP veranlasst, aufgrund eines Vorfalls der bereits einige Wochen zurückliegt. Bei einem seiner üblichen Pastorationsbesuche im Kreiskrankenhaus traf Paul Lachawietz auf eine katholische Frau, die kurz vorher ein Kind bekommen hatte. In einem Gespräch äußerte die junge Mutter ihr Anliegen das Kind katholisch taufen zu lassen. Bei einem zweiten Besuch, wenige Tage später bemerkte der Pfarrer, dass die junge Frau unsicher war, was die Taufe ihres Kindes betraf, da ihr Mann – eben dieser fanatische Parteianhänger der NSDAP – gegen eine Taufe war. Bei einem dritten Besuch versuchte Paul Lachawietz noch einmal die Frau zu überzeugen, als gläubige Katholikin auf ihren Mann einzuwirken und das Kind, wie bei der kirchlichen Trauung versprochen, katholisch taufen zu lassen.

„Er hat eine Wöchnerin fortwährend gedrängt, ihr Kind kath. taufen zu lassen,…“

Nach einer kurzen Vernehmung teilt man Paul Lachawietz mit, dass er ins Liegnitzer Gefängnis kommen werde. Es kommt zu keiner weiteren Vernehmung und auch zu keinem gerichtlichen Prozess. In der eidesstattlichen Erklärung vom 10. Oktober 1948 beschreibt Paul Lachawietz, dass in seinem Schutzhaftbefehl stand: „Er hat eine Wöchnerin fortwährend gedrängt, ihr Kind kath. taufen zu lassen, andernfalls Gott sie oder ihr Kind strafen werde. Er hat dadurch eine deutsche Mutter in seelische Not gebracht, gegen die Volksgemeinschaft gehandelt und erhebliche Unruhe unter die Bevölkerung gebracht.“

Im Konzentrationslager Dachau

Nach drei Monaten im Liegnitzer Gefängnis wird er am 4. Juli 1941 als politischer Häftling ins Konzentrationslager nach Dachau gebracht. Er erhält die Häftlingsnummer 26591 und wird im Block 26/II, dem Priesterblock, untergebracht. Hier arbeitet er während seiner Haftzeit auf der Plantage, bei der Messerschmitt Elektromontage und bei der Besoldungsstelle der Waffen-SS. In seiner Haftzeit bleibt der junge Pfarrer nicht von der Gewalt der Nationalsozialisten und den schlechten Lebensbedingungen, die im Konzentrationslager herrschen, verschont. So beschreibt er in einer eidesstattlichen Erklärung vom 23. August 1947, dass die Häftlinge vom Capo Rasch auf der Plantage und dem Untersturmführer Munz bei der Besoldungsstelle geschlagen wurden. 1942 erleidet er eine schwere Durchfall-Erkrankung und 1943 erkrankt er an Bauchtyphus.

Entlassung aus dem KZ

Am Freitag den 6. April 1945 endet Paul Lachawietz‘ Leidensweg im KZ Dachau. Aufgrund einer Verfügung vom 24. März 1945 durch Himmler, die die Haftentlassung der Geistlichen anordnet, wird er mit weiteren Häftlingen kurz vor der Befreiung des KZ durch die Amerikaner, entlassen.

Kaplan in Kraiburg am Inn

Wieder in Freiheit tritt er eine Stelle als Kaplan in Kraiburg am Inn an, wo er bis Ende Februar 1948 bleibt. Unter den Folgen der schlechten Umstände im KZ leidet der Pfarrer noch lange Zeit. Neben häufigen Magenbeschwerden und einer „Unterfunktion der Verdauungsorgane“ bereitet ihm seine Kraft-losigkeit noch lange Zeit Probleme. Außerdem verträgt er einige Speisen nicht.

Kriegsfolgen

Er erfährt auch, wie es um seine drei Brüder, zu denen er während seiner Haft keinen Kontakt hatte, bestellt ist. Josef arbeitet als Bauer in Ecksdorf bei Mühldorf. Franz ist während des Krieges in russische Gefangenschaft geraten und befindet sich noch dort. Alfons ist im Krieg gefallen.

Kaplan in Altomünster

Am 1. März 1948 verlässt Paul Lachawietz die Gemeinde Kraiburg am Inn und kommt nach Altomünster, wo er sich zwei Tage darauf bei Alto Gruner als der neue Kaplan vorstellt. Einige seiner Aufgaben sind die Unterstützung des Geistlichen Rats Leopold Schweiger, sowie die Betreuung der Schuljugend und der Schulentlassenen. Außerdem engagiert er sich in der Kolpingsfamilie Altomünster und übernimmt hier, bereits wenige Tage nach seiner Ankunft, die Vorstandschaft. Er hilft den Verein wieder neu aufzubauen, da dieser 1935 von der NSDAP zwangsweise aufgelöst wurde. Vier Jahre nach seiner Ankunft in Altomünster übernimmt er das Amt des Dekanatsjugendseelsorgers. Als sein Bruder Franz, der aus der russischen Gefangenschaft zurückgekehrt ist, sich 1953 eine eigene Landwirtschaft aufbauen will, unterstützt ihn Paul Lachawietz mit dem Geld, das er aus dem Entschädigungsverfahren erhalten hat. Im selben Jahr hilft er, den Mädchenbund von Altomünster und Oberzeitlbach aufzubauen und übernimmt im September das Amt des Vorstands. Ein Jahr später nimmt er seine Eltern bei sich auf, die aus Schlesien geflohen sind. Weitere vier Jahre widmet er sich engagiert seinen Aufgaben als Kaplan und den verschiedenen Vereinen in der Marktgemeinde Altomünster. Er organisiert mehrere Ausflüge und hält einige Vorträge. 

Pfarrer in Sittenbach

Im April 1957 zieht er nach Sittenbach um dort die Stelle des Pfarrers zu übernehmen.

Die Marktgemeinde Altomünster war über den Abschied des beliebten Pfarrers sehr unglücklich. So wird in der Festschrift vom 100-jährigen Gründungsjubiläum der Kolpingsfamilie Altomünster erzählt: „Der scheidende Präses hatte verboten, eine Abschiedsfeier zu seinen Ehren zu veranstalten, war aber sichtlich gerührt, als die Kolpingkapelle ihm ein Ständchen spielte […]. Er bedankte sich bei jedem einzelnen Kolpingsohn mit einem kräftigen Handschlag und forderte alle auf, auch weiterhin treu zur Sache Adolph Kolpings zu stehen.“

Neben der Aufgabe als Pfarrer ist Paul Lachawietz in Sittenbach auch an der Volksschule als Religionslehrer tätig. In einem Interview berichten zwei ehemalige Schülerinnen, dass er sich sehr um die Kinder bemühte und ihm viel daran lag, dass sie die Bibel auswendig lernten.

Zwei Jahre nach seiner Ankunft in Sittenbach übernimmt er die Stelle des Vorstands beim Burschenverein. Auch hier wirkt er engagiert mit, bleibt aber während seiner gesamten Wirkungszeit in Sittenbach auch der Marktgemeinde Altomünster weiterhin sehr verbunden.

Rückzug

Im August 1967 gibt er das Amt des Dekanatsjugendseelsorgers in Altomünster aus gesundheitlichen Gründen auf. Ein Jahr später erleidet er am Aschermittwoch während des Gottesdienstes einen Herzinfarkt und ist anschließend nur noch begrenzt einsatzfähig. Im August 1972 übernimmt er die Vormundschaft für seinen kranken Bruder Josef. Außerdem kümmert er sich immer noch um seinen Vater, der inzwischen seit 18 Jahren bei ihm lebt.

Ruhestandspfarrer in Altomünster

Ende September 1972 gibt er seine Ämter aus gesundheitlichen Gründen endgültig auf und kehrt nach Altomünster zurück, um dort seinen Lebensabend zu verbringen. Dennoch hilft der engagierte Pfarrer weiterhin bei der Seelsorge mit, soweit es seine Gesundheit eben zulässt. Am 13. Oktober 1980 erreicht Paul Lachawietz den Höhepunkt seiner beruflichen Karriere. Von Kardinal Josef Ratzinger (später Papst Benedikt der XVI.) wird er zum Geistlichen Rat ernannt.

Am 14. April 1992 stirbt der Pfarrer in Altomünster an den Folgen eines Schwächeanfalls, den er wenige Tage zuvor erlitten hatte.

Erinnerungen

Noch lange erinnern sich Freunde und Bekannte an den engagierten Pfarrer Paul Lachawietz. In einem Zeitungsartikel, der wenige Tage nach seinem Tod im Münchner Merkur erscheint, steht: „Sehr vermissen werden auch die Alten und Kranken der Pfarrei die regelmäßigen Besuche des Pfarrers, der Hoffnung und Zuspruch ans Krankenbett brachte. Immer wenn man Paul Lachawietz unterwegs traf, hatte er ein offenes Ohr für die Anliegen und Sorgen seiner Mitchristen. Auch als ihm das Gottesdiensthalten schon schwerfiel, vergaß er nie aufmunternde Worte und Regeln christlichen Lebens mitzuteilen. Die Pfarrei Altomünster hat einen Geistlichen verloren, der seine ‚Schäfchen‘ gut kannte. Sein 30-jähriges Wirken wird im Markt nie in Vergessenheit geraten.“

Verfasserin (2014)

Annalena Elsner (18) aus Wiedenzhausen
Schülerin des Josef-Effner-Gymnasiums Dachau
 

Nachtrag

Durch die Ausstellung in Odelzhausen haben wir im Januar 2015 die beiden Nichten von Paul Lachawietz kennengelernt. Beide Nichten waren als Kinder oft in den Ferien auf dem Pfarrhof in Sittenbach und haben zu ihrem Onkel bis zu seinem Tod engen Kontakt gehalten. Sie gaben Annalena Elsner noch ein Interview und stellten uns für weitere Ausstellungen zahlreiche Bilder, Tagebücher, Dokumente und Erinnerungsstücke zur Verfügung. Wir danken ihnen herzlich!

Quellen:        
Landesentschädigungsamt München EG 11036
Archiv des Erzbistums München und Freising PAP 956
Gemeindearchiv Altomünster (Wolfgang Graf)
Heimatverein Sittenbach (Harald Edelmann)
Interview zum Leben von Paul Lachawietz von Ursula Kohn
Sammlung Grünwald
Sammlung Kirchhuber
 


Thema: Biographieprojekt (Teilprojekt3)
Autor: Annalena Elsner
Quelle: Quellen Diverse
Ort: Sittenbach

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